Ein lustiges Buch! Es heisst „Story“ (auf deutsch: Geschichte), es wird aber auf 400 Seiten nicht in einem einzigen Satz gesagt, was eine Geschichte überhaupt IST. Für die Poetologie, die sich ja bekanntermaßen mit dem WESEN des Erzählens beschäftigt, deshalb unbrauchbar.
Was ist denn eine Geschichte? (Ich habe nur Deine Definition, wovon eine – dramatische? – Geschichte handelt: von jemandem der etwas mit Notwendigkeit will, was schwer zu bekommen ist.)
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Diese Definition stammt nicht von mir, sondern von Frank Daniel. Ich habe sie aber niemals als Definition einer Geschichte benutzt, sondern immer nur als Benennung von Spannungsvoraussetzungen. Und so muss das Statement von Frank Daniel auch gemeint gewesen sein. Es ist keine Definition, was eine Geschichte IST, sondern wovon eine Geschichte HANDELT. Wovon sie HANDELT, ist etwas völlig anderes als was sie IST. In diesem Missverstehen des Verhältnisses von Wesen und Erscheinung liegt das ganze Elend der Dramaturgie begraben.
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Ebendt. Deshalb frage ich ja. 🙂
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Eigentlich betrachte ich das ganzen Text des Buches den Begriff „Story“
auszufüllen.
Ich würde aber auch sagen, dass auf den Seiten 29 bis 35 (deutsche Ausgabe, 7. Auflage) durchaus einige konkretere Antworten auf die Frage – was denn eine story sei – gegeben werden. Sogar in mehr als einem Satz. Zwei Auszüge:
„Die Story ist Metapher für das Leben.“ (S. 34)
„Eine gute Story bedeutet etwas Erzählenswertes, das die Welt hören möchte.“ (S. 29)
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Lieber Marcus,
danke fur Deinen Beitrag!
Die beiden von Dir zitierten Sätze sind Aussagen über Geschichten, aber keine Definitionen.
Über Geschichten kann man alles Mögliche aussagen, ohne dass man sie dadurch definiert hätte. Zum Beispiel könnte man sagen, „Geschichten sind schön“, oder „Geschichten erfreuen gross und klein“, oder „Geschichten werden besonders gern an Weihnachten erzählt“, oder „Geschichten sind Geschenke vom Lieben Gott“ und so weiter.
Zum Zitat #1: Metapher für das Leben kann Vieles sein; dass etwas eine Metapher ist oder als solche interpretiert werden kann, heisst noch nicht, dass es sich dabei um eine Geschichte handelt.
Zum Zitat #2: Dass die ganze Welt sich für etwas interessiert, heisst auch noch nicht, dass es sich beim Gegenstand des Interesses um eine Geschichte handeln muss. So interessiert sich etwa die ganze Welt für Vollmilchschokolade, das macht aber aus Vollmilchschokolade noch keine Geschichte. Andererseits sind Geschichten vorstellbar, für die sich nur eine begrenzte Anzahl von Menschen interessieren.
Das Mysterium, warum ein Sachbuch „Story“ heisst, ohne zu sagen, was das sein soll, bleibt also meines Erachtens nach wie vor ungelöst. Du könntest dankenswerterweise in dem Buch noch weiter fahnden. Vielleicht finden wir doch noch des Rätsels Lösung, Halte uns auf dem Laufenden!
Herzlichen Gruss
WOP
p.s. Zu wissen, was eine Geschichte ist, ist für den Geschichtenerzähler ungefähr so wichtig, wie für den Schuster zu wissen, was ein Schuh ist.
p.p.s. In der Rubrik „Poetologisches Wörterbuch“ in diesem Blog findet sich eine Definition für den Begriff „Geschichte“.
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Wolf: „So interessiert sich etwa die ganze Welt für Vollmilchschokolade, das macht aber aus Vollmilchschokolade noch keine Geschichte.“
Skizze:
Eine Vollmilchschokolade naht dem gähnenden Schlund ihres „Opfers“ und wird verschlungen. Wie üblich. Leider immer die gleiche „Geschichte“. Als im Herbst um 14:18h irgend ein hohler Zahn trotz ihrer zartschmelzenden Berührung aufschreit, erkennt sie ihren Frühling: dass die Veränderung von ihr ausgehen muss, wenn sie erhebende Geschichte schreiben will – statt beschissen in der Porzellanschüssel zu enden.
Geradewegs glitt das Zäpfchen über sie hinweg, da spross es in ihrem Schokoladenhirn, es dachte regelrecht: „Mein Gott, zum wievielten Mal hab ich das jetzt durch und satt!“ Sie strich sich über ihre Schokoladenseite und stockte: Sie ist ja gänzlich undramatisch platt und fristet reglos ein lichtscheues Leben!!
Sie will ihr Leben ändern!
Als dann zum Vorabendprogramm exakt um 17:88h ein dreiköpfige schnelle Eingreiftruppe aus aus Zahnreihen-Eigner, Grossfressen-Inhaber und Einspeichler nach ihr grabschen, hat sie die zündende Idee: „Ein Stückchen Schokolade enthält gerade soviel Energie wie man braucht, um noch eins zu nehmen…”
. . . … .
..- ..
Derweil nahm die Geschichte ihren Lauf, zielte und drückte ab: Autorenhirne formierten Synapsen und Buchstabenkolonnen, um erhebend zu künden, dass Schokolade ein unvermutet geschmackvoller Protagonist, Geschichtenerzähler und in seiner Potenz bislang unterschätzt. Stets wurde sie nur aufgerissen und vernascht. Ihre wahre „Geschichte“ der Energie, der eingefangenen Sonne & des Frohsinns blieb verborgen und ungeschrieben…;-)
…und schreibe sich hier fort…
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Es sollte natürlich heißen: „…den (!) ganzen Text des Buches als ein Pojekt (!),… „
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